Montag, 14. November 2011

100 Tage...

...bin ich nun schon hier in Argentinien - Zeit für einen kleinen Rück-/Aus-/und Überblick! 
Wer meinen Blog aufmerksam verfolgt hat, dem wird nicht entgangen sein, dass ich fast ausschließlich von positiven Erlebnissen und Erfahrungen berichtet habe. Das könnte einerseits daran liegen, dass ich hier nicht erwähnen will, wie oft ich schon beklaut, beschimpft und beleidigt wurde, um euch nicht zu beunruhigen. Oder daran, dass ich ebensolche Erfahrungen nicht gemacht habe und deshalb nur von positiven Erlebnissen berichten kann. Da letzteres zutrifft, könnt ihr mir beruhigt glauben, dass ich ziemlich zufrieden und glücklich bin. Das habe ich zum größten Teil meinen Mitbewohnern zu verdanken, die mich so herzlich in ihrer Mitte aufgenommen haben und mit denen ich zusammenlebe, wie in einer großen, jungen und internationalen Familie. Und natürlich Junkers, die mit denen ich im regelmäßigen Kontakt stehe und die ich bisher jeden Monat getroffen habe.
Nach hundert Tagen habe ich immernoch nicht herausgefunden, was genau diesem Land seinen Charme verleit. Es könnte natürlich an den Menschen liegen, wo sonst, wird man vom Kioskverkäufer erkannt und wird einem auch schon mal die Zeitung geschenkt, wenn man das Geld nicht passend hat? Wo sonst ist es vollkommen normal, dass sich auch Männer zur Begrüßung küssen? Wo sonst ist es üblich alles mit allen zu teilen, wie den Mate, den allein zu trinken einer Sünde gleichkommt.
Die Argentinier sind ein sehr interessantes Völkchen, einerseits sehr weltoffen und interessiert an Ausländern und deren Geschichte, zeichnen sich aber andererseits auch teilweise durch einen übertriebenen patriotischen Nationalstolz aus (der argentinischer Fußball und Asado sind die besten der Welt) und einem tiefen Hass für einige Länder aus (Großbritannien wegen des ewigen Kampfs um die Falklandinseln, Chile, weil sie die Briten dabei unterstützt haben, Brasilien wegen des Fußballs und die USA auf Grund ihres Kapitalismus und ihrem Verständnis  Amerika zu sein). Ich wurde hier auch schon mit einigen mehr oder weniger lustigen Vorurteilen konfrontiert, die ich immer wieder zu hören kriege: Was, ihr steht nicht mehr hinter Hitler und seinen Idealen? Die Deutschen trinken ihr Bier heiß. Alle Deutschen sind blond und blauäugig. Auf die Frage, was sie mit Deutschland verbinden, antworten die meisten: Hitler, Bier, Volkswagen- Das Auto, Bayern Munich, Schweinsteiger und zwar in dieser Reihenfolge. 
Inzwischen bin ich sehr zufrieden mit meinem Spansich, habe ein Level erreicht, das es mir erlaubt, Konversationen mit Freunden, Professoren, Verkäufern und Taxifahrern zu führen. Öfters habe ich aber noch Probleme damit, so verstanden zu werden, wie ich beabsichtigt habe auszudrücken (Wie der letzte Satz zeigt, gelingt mir das auch in meiner Muttersprache nicht mehr). Ich habe außerdem gelernt, dass Witze zu machen, wohl der höchsten Stufe der Beherrrschung einer fremden Sprache entspricht. Stattdessen wird aber viel über mich gelacht. Besonders mein deutsches R das wohl scheinbar von zu weit hinten aus der Kehle kommt und auf dem Weg nach draußen nicht genug rollt, finden sie hier sehr erheiternd. 
Ich habe in den Zeit, die ich bisher hier verbracht habe, schon einiges gelernt. Über die Psychologie wohl mehr im wirklichen Leben im täglichen Kontakt mit meinen Mitbewohnern und Freunden aus aller Welt, als in den Lehrbüchern und Vorlesungen. Ich habe Stufe fünf der von mir entworfenen  Prüfung ein richtiger Argentinier zu sein erreicht: ich kann einen Mate zubereiten, kenne mindestens 5 argentinische Fußballer und über 20 verschiedene Schimpfwörter, kann Cumbia tanzen und einen ordentlichen Fernet zubereiten. Fehlt mir natürlich noch den vollständigen Text eines Liedes zu vestehen, ein typisches Asado, aus einem selbsterlegten Rind zuzubereiten und auf der Straße Tango zu tanzen. So also mein Plan für die nächsten Monate. Außerdem habe ich vor in den Ferien im Januar/Februar mit einer Organisation freiwillig zu arbeiten und noch ein bisschen was von diesem beeindruckenden Land zu sehen.

Fortsetzung folgt...in 100 Tagen:-)

6 Kommentare:

  1. Bei Deiner 100-Tage-Bilanz fehlt noch was: Du hast 23 interessante Blogeinträge und nahezu 100 Mails für uns Daheimgebliebene geschrieben. Danke!

    AntwortenLöschen
  2. Schön zu lesen, dass bei dir alles prima läuft und es dir gut geht! ...und der Blog ist auch sehr witzig und interessant geschrieben! Les ich immer wieder gern. Ich wünsche dir, dass die nächsten 100 Tage genauso schön werden und du wirklich noch dazu kommst, auf der Straße Tango zu tanzen. =)
    Wenn du wieder da bist, müssen wir aber mal argentinisch kochen! :)

    Beste Grüße,
    Maria

    AntwortenLöschen
  3. Eine gute Bilanz, die Du da ziehst. Das mit den Witzen als höchste Form des Sprache-Verstehens kann ich nur bestätigen, sieht man mal vom Fluchen ab. Aber zu letzterm hast Du offenbar keinen Grund. Als genieß die Zeit weiter.
    Beste Grüße

    AntwortenLöschen
  4. Sehr schöner und interessanter Blog.Wie auch schon deine anderen Einträge.Mach weiter so!!!!
    Weiterhin viel Spaß und viel Erfolg in Argentinien.
    Lg Felix

    AntwortenLöschen
  5. nun schon 100 Tage ohne Dich, liebe Alex, aber wir sind durch Deine wunderbaren Blogs auch 100 Tage eng mit Dir verbunden. Wenn Du glücklich und zufrieden bist, sind wir es auch. Viel Erfolg beim Abarbeiten Deiner Liste und weiterhin so schöne Erlebnisse und Erfolge.

    AntwortenLöschen
  6. schön, dass es dir gut geht...sag bescheid, wenn du das rind erlegt hast! ;-)

    AntwortenLöschen